Schafft das Bundesarbeitsgericht ein neues arbeitsrechtliches „Saisonarbeitsverhältnis“?

Eine Gemeinde in Niedersachsen hatte einem vollbeschäftigten Bademeister den seit 2000 bestehenden Arbeitsvertrag mit fortlaufender Vergütung im Jahr 2005 gekündigt und diesem einen neuen Arbeitsvertrag ab 01.04.2006 als Saisonarbeiter angeboten. Zwar war in diesem neuen Vertrag keine Befristung vereinbart, jedoch bestimmt, dass der Bademeister – fast ausschließlich im Freibad der Gemeinde eingesetzt – nur in der Freibadsaison von April bis Oktober eines Jahres beschäftigt werden sollte. Entsprechend wurde auch nur in diesem Zeitraum Vergütung geleistet. Zum Ende der Badesaison 2016 klagte der Bademeister nun auf Fortzahlung der Vergütung über Oktober hinaus und Entfristung, weil es sich faktisch um eine Abfolge befristeter Arbeitsverträge (jeweils befristet auf den Zeitraum April bis Oktober) handle. Dies sei eine unzulässige Kettenbefristung.

Nachdem schon die Vorinstanzen dem Anspruch des Klägers eine Absage erteilt hatten, stellte nun das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19.11.2019, Az. 7 AZR 582/19) klar, dass es sich bei dem geschilderten Sachverhalt nicht um eine Vielzahl befristeter Arbeitsverhältnisse für die künftigen Jahre handele, sondern um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Zwar sei die Verpflichtung zur Arbeitsleistung und die Vergütung nur auf die Monate April bis Oktober beschränkt. Dies mache diese Vereinbarung aber nicht unwirksam oder zu einer unzulässigen Abfolge befristeter Arbeitsverhältnisse. Hauptausgangspunkt der Überlegungen des Bundesarbeitsgerichts war dabei offenbar, dass für den Kläger nur während der Badesaison überhaupt Beschäftigungsbedarf vorhanden war. Dies sei also gerechtfertigt, eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 BGB nicht gegeben.

Damit lässt sich dieser Fall nicht bedenkenlos auf alle Beschäftigungsverhältnisse übertragen, die irgendwie im „Dunstkreis“ der Saisonarbeit angesiedelt sind. Wäre nämlich doch irgendein weitergehender Beschäftigungsbedarf gegeben, wäre die Einschränkung auf die wenigen Monate von April bis Oktober wohl nicht wirksam.

Aus der bevorstehenden Veröffentlichung der Urteilsbegründung dürften interessante Rückschlüsse für die künftige arbeitsvertragliche Gestaltung und Bewertung von Verträgen für Saisonarbeitskräfte zu ziehen sein. Insbesondere werden sich daran viele Folgefragen für Urlaubsanspruch, Sozialversicherungspflicht etc. knüpfen.

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