E-Mail-Versender muss Zugang beweisen!

Die Versendung von E-Mails gehört zum Alltag. Besondere Vorsicht hat der Absender walten zu lassen, wenn es um Vertragserklärungen oder etwa die Wahrung einer arbeitsvertraglich vereinbarten (Ausschluss-)Frist geht.

Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) hat in einem Urteil vom 11.01.2022 (Az. 4 Sa 315/21) klargestellt, dass den Absender einer E-Mail die volle Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Dem Absender komme keine Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute, wenn er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhalte. Im entschiedenen Fall ging es um ein vom Arbeitgeber fristgerecht abzugebendes Jobangebot, bei dessen Ausbleiben der Arbeitnehmer als Adressat ein Darlehen, das ihm der Arbeitgeber für eine Schulung gewährt hatte, nicht mehr zurückzahlen musste. Der Arbeitgeber hatte den Zugang einer E-Mail an einem bestimmten Tag behauptet, weil sich die Versendung an diesem Tag aus dem Postausgang seines E-Mail-Accounts ergebe. Der Arbeitnehmer behauptete hingegen einen späteren Zugang.

Das LAG wendet auf die versandte E-Mail § 130 Abs. 1 BGB an. Danach wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist und die in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Der nach § 130 BGB maßgebliche Zugang liegt dann vor, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann.

Nach Meinung anderer Gerichte soll für den Absender einer E-Mail der sog. Beweis des ersten Anscheins gelten, dass die von ihm versandte E-Mail beim Empfänger eingegangen ist, wenn er keine Rückmeldung über die Unzustellbarkeit erhält. Somit sei der Eingang auf dem Server oder beim Provider des Adressaten und die dort abrufbare Speicherung entscheidend. Dem ist das LAG nicht gefolgt, sondern ist der Auffassung, dass der Zugang einer E-Mail vom Versender vollumfänglich darzulegen und zu beweisen sei und ein Anscheinsbeweis dabei ausscheide. Zwar gehe regelmäßig eine E-Mail nach Versenden auf einem Server ein, gesichert sei dies aber nicht. Nicht jede E-Mail komme zwangsläufig an. Dies sei jedoch kein Risiko des Empfängers. Der Versender könne diesem Risiko u.a. durch Anforderung einer sog. Lesebestätigung vorbeugen.

Für fristwahrende E-Mails im Rechtsverkehr ist die Entscheidung von besonderer Bedeutung.

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