Ein Fehltag rechtfertigt nicht ohne Weiteres die fristlose Kündigung eines gerade erst begonnenen Arbeitsverhältnisses!

Ein Mitarbeiter, noch dazu gerade erst eingestellt, blieb unentschuldigt der Arbeit fern. Der Arbeitgeber nahm dies zum Anlass und kündigte fristlos. Würde man nun hierzu eine Umfrage machen, wäre das Ergebnis bei Nicht-Juristen wohl eindeutig und eine Mehrheit würde mutmaßlich die Begründetheit einer solchen Kündigung bejahen.

In einem jüngst entschiedenen Fall hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (nachfolgend: LAG) aber nun nochmals wie schon die Vorinstanz klargestellt, dass dies gerade nicht der Fall ist, sondern eine vorherige Arbeitsaufforderung und Abmahnung notwendig gewesen wäre (Urteil vom 03.06.2020;Az.: 1 Sa 72/20).

Im konkreten Einzelfall bestand das Arbeitsverhältnis gerade erst 2 Tage (noch dazu in der Probezeit) und wurde dann ordentlich gekündigt. Hierauf fehlte der Arbeitnehmer einen Tag unentschuldigt, ehe für die weiteren zwei Folgetage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt wurde. Dem LAG genügten diese Umstände nicht, um die fristlose Kündigung aufrechtzuerhalten. Der Arbeitgeber hätte nach Ansicht des LAG zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit dennoch zur Arbeit auffordern und zunächst abmahnen müssen. Am Rande soll nicht unerwähnt bleiben, dass sogar die ordentliche Probezeitkündigung vorliegend insoweit scheiterte, als der Arbeitgeber die Frist für eine solche Kündigung – unwirksam – auf eine Woche verkürzt hatte, statt der grundsätzlich mindestens geltenden zwei Wochen. Das Arbeitsgericht legte dieser Kündigung somit diese zweiwöchige Frist innerhalb der Probezeit zugrunde.

Klar ist, dass das unentschuldigte Fehlen eine Pflichtverletzung im bestehenden Arbeitsverhältnis darstellt. Hervorgehoben wurde aber mit dieser Entscheidung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass eine verhaltensbedingte Kündigung stets „letztes Mittel“ ist und in der Regel eine vorherige Abmahnung nicht entbehrlich ist. Das LAG hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass dies nicht nur bei langjährigen Arbeitsverhältnissen so zu sehen ist, sondern dies auch bei einem eben erst begonnenen Arbeitsverhältnis gilt.

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