Abberufung und Kündigung eines Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH

Minderheitsgesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen. Kommt der Geschäftsführer diesem Verlangen nicht nach, können die Minderheitsgesellschafter selbst innerhalb der Ladungsfrist zur Versammlung laden.

Bei der Abstimmung über seine Abberufung und Kündigung unterliegt der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich keinem Stimmrechtsverbot. Er kann also mehrheitlich dagegen stimmen und seine Abberufung und Kündigung verhindern. Einem Stimmrechtsverbot unterliegt er jedoch dann, wenn er aus wichtigem Grund abberufen und gekündigt werden soll, sofern er sich „zum Richter in eigener Sache“ macht. Das ist dann der Fall, wenn Umstände vorliegen, die zumindest die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen. Werden wichtige Gründe „ins Blaue hinein“ behauptet, also offensichtlich vorgeschoben, zählt auch die Stimme des Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers.

Der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer kann, falls der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vorsieht, (trickreich!) verlangen, dass er selbst zum Versammlungsleiter der Gesellschafterversammlung bestellt wird! Hierbei ist er auch dann stimmberechtigt, wenn die Versammlung seiner Abberufung und Kündigung aus wichtigem Grund dienen soll.

Der Versammlungsleiter stellt das Beschlussergebnis fest! Wenn der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer selbst gegen seine Abberufung und Kündigung stimmt, kann er also als Versammlungsleiter feststellen, dass mit seinen Stimmen seine Abberufung und Kündigung nicht beschlossen wurde. Dieser Beschluss gilt sodann als gefasst, selbst wenn Umstände vorliegen, die zumindest die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen.

Die Gesellschafter, die für die Abberufung und Kündigung gestimmt haben, können den Beschluss gerichtlich anfechten. Sie und nicht der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer sind somit im Zugzwang! Im Anfechtungsprozess, der gegen die Gesellschaft geführt werden muss, hat das Gericht auf entsprechenden Vortrag zu prüfen, ob ein wichtiger Grund vorlag. Nur dann sind Abberufung und Kündigung wirksam erfolgt.

Die Gesellschafter, die für die Abberufung und Kündigung gestimmt haben, können auch versuchen, über eine gerichtliche einstweilige Verfügung dem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer seine Tätigkeit für die Gesellschaft vorläufig, bis zur Rechtskraft des Anfechtungsprozesses, zu untersagen. Dazu müssen sie aber den wichtigen Grund für die Abberufung und Kündigung überzeugend glaubhaft machen können.

Wenn Gesellschafter miteinander streiten, wenn ein Gesellschafter kündigt, aber auch im Fall von Insolvenz oder Zwangsvollstreckung kommt es zur Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen. Dabei ist rechtlich vieles zu bedenken. Die Einziehung ist nach § 34 GmbHG nur möglich, wenn sie in der Satzung der GmbH vorgesehen ist. Der Einziehungsbeschluss der Gesellschafter muss das Schicksal des einzuziehenden Anteils regeln. Außerdem muss der ausscheidende Gesellschafter entschädigt werden. Die Entschädigung, im Zweifel aus Mitteln der GmbH zu erbringen, darf aber nur aus ihrem freien Vermögen geleistet werden. Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen darf nicht angegriffen werden.
Das hat zum einen für den Bestand des Einziehungsbeschlusses erhebliche Bedeutung. Er ist nur wirksam, wenn zum Zeitpunkt, in dem der Beschluss gefasst wird, absehbar ist, dass die Entschädigung künftig in den satzungsgemäßen Raten aus dem freien Vermögen geleistet werden kann – auch wenn sich später herausstellen sollte, dass etwa eine der Raten nicht mehr aus dem freien Vermögen der GmbH geleistet werden kann.
Zum anderen führt dies unter Umständen zur persönlichen Haftung der Gesellschafter. Die GmbH selbst kann dem Anspruch auf Entschädigung des Ausgeschiedenen das Verbot der Auszahlung von zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen gemäß § 30 GmbHG entgegenhalten. Die verbleibenden Gesellschafter aber haben gegenüber dem Ausgeschiedenen dafür zu sorgen, dass dieser die Entschädigung erhält, zur Not auch durch Liquidation der GmbH.
Anderenfalls trifft sie eine persönliche Haftung für die Entschädigung. Die macht der Bundesgerichtshof in seiner letzten Entscheidung zu dieser Problematik vom 10.5.2016 (BGH II ZR 342/14) aber davon abhängig, dass die Fortsetzung der GmbH unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des Ausgeschiedenen treuwidrig ist. Anders gewendet: Die Gesellschafter müssen es treuwidrig unterlassen haben, einen Liquidationsbeschluss zu fassen oder Insolvenzantrag über das Vermögen der GmbH zu stellen. Hierfür ist ihnen ein angemessener Reaktionszeitraum einzuräumen.
Diese zusätzliche Treuepflichtkomponente schränkt den Schutz des ausgeschiedenen Gesellschafters ein, weil er das treuwidrige Verhalten der verbleibenden Gesellschafter darlegen und beweisen muss. Die verbleibenden Gesellschafter haften nicht zwingend für die gesamte ausstehende Abfindung, sondern nur für den Betrag, den der Ausgeschiedene bei rechtzeitiger Auflösung der GmbH erhalten hätte.

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